Wie eine App meine Gewohnheiten verändert hat Lass uns Gewohnheiten kapern: Teil 1

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Zu Beginn meines letzten Semesters in Spanien liege ich abends alleine im Bett und wische ziellos durch meine Apps. Irgendeine davon wird mich schon zu beschäftigen wissen. Mein Finger bleibt an einer Stelle hängen. Alright, Sudoku it is. Ich spiele 3 Runden auf der schwersten Stufe und kann meinen Highscore um 79 Punkte verbessern. Stark. Aber so richtig spannend ist das nicht mehr. Ich schaue mir meine Gesamtstatistik an.

Highscore: 87.149
Gespielte Spiele: 819
Perfekte Spiele: 815
Spielzeit: 74:22:34

Moment. 74 Stunden? Vier…und…sieb…zig Stunden. Ernsthaft?! Habe ich wirklich drei Tage meiner wachen Lebenszeit in dieser Sudoku-App verbracht? Dabei langweilt mich das Spiel doch schon lange.

Wann und wieso spiele ich das eigentlich? Bei Langeweile zieht die App mich anscheinend an. Aber mehr fällt mir dazu nicht ein und die Langweile ist ja auch erstmal verflogen. Ab ins Bett.

Am nächsten Tag steuere ich nach der ersten Vorlesung die Toilette an. Tür zu, hingesetzt und Handy raus. Eine Minute später finde ich mich mitten im nächsten Sudoku-Spiel wieder. Diesmal kein Highscore, aber ein drängender Verdacht: Spiele ich hier eigentlich immer Sudoku?
Kurz mal die Zahlen überschlagen. 74 Stunden sind 4.400 Minuten. Ein Spiel dauert knapp 10 Minuten. Ich sitze hier vielleicht 2 Mal am Tag. Da komme ich in nicht mal 2 Semestern auf über 3 Tage. Und das ganze passiert irgendwie automatisch. Könnte ich diese Zeit nicht besser nutzen? Definitiv! Und könnte ich vielleicht meinen Sudoku-Automatismus dafür kapern? Absolut! Hier ist, was ich gemacht habe.

Die Toiletten-Uni

Für mich stand fest: Die Gewohnheit, Sudoku zu spielen, war stark ausgeprägt und ich wollte mit dieser Zeit etwas Besseres anfangen. Ich musste also an zwei Punkten ansetzen.

  1. Ich muss es mir so schwer wie möglich machen, Sudoku zu spielen.
  2. Und ich muss es mir so einfach wie möglich machen, stattdessen etwas Sinnvolles zu tun.

Beide sind wichtig, weil ich die gewonnene Zeit ja nicht auf Facebook verbringen will.

Da mein Spanisch vor der letzten Prüfung wirklich etwas Aufmerksamkeit gebrauchen könnte, entscheide ich mich, meine Sudoku-Zeit mit Duolingo zu ersetzen.

So lief es bislang: Auf der Toilette hole ich mein Handy raus, wische zur vierten Seite im Homescreen und öffne die Sudoku-App.

Toilette –> Handy –> Wischen –> Sudoku

Als erstes lösche die Sudoku-App komplett von meinem Handy. Dann verschiebe ich die Duolingo-App exakt an die bisherige Stelle der Sudoku-App auf der vierten Seite des Homescreens. So kann ich jedes Mal auf den vorhandenen Sudoku-Automatismus aufspringen, um meine neue Gewohnheit zu starten.

Toilette –> Handy –> Wischen –> Duolingo

Das Credo heißt jetzt also: Zwei mal am Tag Duolingo statt Sudoku. Die Toiletten-Uni ist geboren.

SudokuDuolingo